Am 05. November 2022 trat Erik Golowin die Nachfolge von Roland Zolliker als Präsident der Swiss Karate Federation an. Nach sechs intensiven Monaten ist es Zeit für einen Rückblick auf die Verdienste von Roland Zolliker.

Ein Lebenswerk als Vermächtnis

Die Ära Zolliker – ein respektvoller Rückblick

Im letzten Jahrhundert eroberte Karate die Welt und ist heute eine international anerkannte Wettkampfform, geprägt vom Geist und der Kultur Ostasiens. Roland Zolliker, ein Vertreter der europäischen Pioniergeneration, initiierte und leitete den Entwicklungsprozess der Swiss Karate Federation zu einem modernen Landesverband mit historisch-kulturellen Wurzeln.

Japanische Meister, die Mitte der Neunzehnfünfzigerjahre Demonstrationsreisen unternahmen, versetzten Amerikaner und Westeuropäer mit Vorführung einer bis anhin unbekannten Kunst in Erstaunen. Mit blossen Händen zerschlugen sie Ziegelsteine und Bretter und durchbohrten mit gestreckten Fingern Melonen. Wenige Jahre vergingen, und schon wiederholten junge Leute in verschiedensten Ländern die Kunststücke der japanischen Meister – so auch in der Schweiz. Die erste Karateschule wurde 1957 von Bernard Cherix in Sion gegründet: Ein wegbereitender Schritt für die Entwicklung des Schweizerischen Karateverbandes.

Zunehmend waren Interessierte in allen Landesteilen von der japanischen Kampfkunst fasziniert. Die Verbindung eines kulturellen Bezugs mit ästhetischen Wettkampfformen und effizienten Selbstverteidigungstechniken inspirierte sie. Als Vertreter dieser frühen Karategeneration erlebte Roland Zolliker die Aufbruchsstimmung der Pionierzeit mit. In seiner Vorstellung erwachte die Vision eines starken schweizerischen Sportverbandes und daraus entwickelte sich seine passionierte Mission. Während Jahren baute er die Beziehungen zum Weltverband und den nationalen Sportinstitutionen auf und erschuf so ein Netzwerk, das die Entwicklung der Swiss Karate Federation (SKF) ermöglichte.

Integration in das Sportsystem

Die erfolgreiche Integration des Karate in das System der schweizerischen Sportförderungsinstitutionen dauerte mehr als 30 Jahre. Seit 1988 war Roland Zolliker Präsident der SKF und leitete zusammen mit dem Zentralvorstand und den Sektionen diese systematische Entwicklungsarbeit. Mit dem Aufbau von Jugend+Sport (J+S-Karate), vom Erwachsenensport (esa) und den Leistungssportstrukturen (Swiss Olympics) konnte sich die SKF unter seiner Führung zu einem modernen Landesverband entwickeln. Da in der Verbandsgeschichte die Mitglieder der Nationalmannschaft regelmässig gute internationale Resultate erzielten, erreichte der Verband 2017 im Förderungssystem von Swiss Olympics die Stufe Zwei. Die SKF war auch Gründungsmitglied des Vereins «sportartenlehrer.ch», so dass heute die Tätigkeiten des Karatelehrers und des Dojo-Leiters als Beruf mit eidgenössischer Anerkennung erlernt werden können. Zolliker hat es immer wieder verstanden, kompetente Vertreterinnen und Vertreter der schweizerischen Sport-Community für seine Mission an Bord zu holen. Historisch erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang der Beginn einer verbandseigenen Ausbildung für Trainerinnen und Trainer. Zu diesem Zweck engagierte er Arturo Hotz und Jost Hegner, zwei Persönlichkeiten, die als Gründerväter der modernen Trainings- und Bewegungslehre in der Schweiz bezeichnet werden können. Dies führte dazu, dass sich die SKF unter Zollikers Leitung in kurzer Zeit zu einem angesehenen Sportverband entwickelte.

Bewährtes bewahren – Mut zur Innovation

Die Modernisierungsprozesse stellten die Ausbildungsverantwortlichen vor neue Herausforderungen: Inwiefern ist die traditionelle philosophische Ausrichtung des Karate-do noch Bestandteil des modernen Unterrichts? Bei der Umsetzung des Rahmenkonzepts von Swiss Olympic zur Sport- und Athletenentwicklung (FTEM) will die SKF künftig die Verbindungen zwischen Breitensport und Leistungssport auf allen Stufen inhaltlich weiterentwickeln und koordinieren. Dabei gilt es, die pädagogischen Werte des Karate in einer aktualisierten Form zu bewahren und eine innovative, zeitgemässe Förderung des Leistungssports zu verwirklichen. Zollikers Erbe ist für unser neues Führungsteam eine echte Herausforderung. Wenn unsere Arbeitsqualität gleichbleibt, dann ist dies ein Rückschritt. Wir können seinem Vermächtnis nur gerecht werden, wenn wir die Verbandskultur, die Ausbildung und die Nachwuchsförderung gezielt verbessern.

Lieber Roland, wir danken dir für deinen wertvollen Einsatz. Wir wollen die Arbeit im Andenken an deine Leistungen fortsetzen. Die Kunst des Karatedo soll auch im 21. Jahrhundert einen konstruktiven Beitrag für die Bewegungs- und Sportkultur unserer Gesellschaft leisten.

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