Es passierte am vergangenen Wochenende. Was wie normale Tage aussah, war von langer weiblicher Hand geplant. Die Zielgruppen-Männer im Visier. Ohne die Chance eines Tai Sabaki. Keine Möglichkeit sich aus der Angriffslinie wegzudrehen. Kiai zwecklos.

Fremdgehen. Für die einen ein prickelndes Abenteuer, für Andere ein klassischer Ausrutscher, für die im Foto abgebildeten, bestandenen Männer (v.l.n.r. Lamberto Grippi, Daniel Brunner, Pham Truong-Linh, Hakan Güldür) ein selbstverständlicher Freundschaftsdienst, keine Midlife-Crisis. Kein schlechtes Gewissen, kein Verschweigen, kein aufziehendes Gewitter mit folgender Scheidung vom bisherigen Partner. Kein grösstmöglicher Vertrauensbruch. Keine Liebe erschüttert.

Seit dem 21. Dezember 1923 ist der Schweizerische Bundesrat und Seine Durchlaucht der regierende Fürst von Liechtenstein vom Wunsche beseelt, die zwischen der Schweiz und dem Fürstentum bestehenden freundschaftlichen Beziehungen fester und inniger zu gestalten. Und seit dem 8. April 1981 stellt die Schweizerische Eidgenossenschaft dem Fürstentum ihre Organisation für «Jugend und Sport» einschliesslich aller Leistungen gegen finanzielle Abgeltung des Aufwandes zur Verfügung.

Auch im Wettkampfsport ist das «Ländle» eng mit der Schweiz verbunden. Liechtensteiner Dojo können sich einer Sektion der Swiss Karate Federation anschliessen und an den Turnieren der Swiss Karate League, den Schweizermeisterschaften starten. Seit der Anerkennung durch die European Karate Federation und der World Karate Federation steht auch die Teilnahme an den offiziellen Titelkämpfen offen.

Im Mai beschlossen die zuständigen Nationalen Olympischen Komitees die Aufnahme des Karate in die Spiele von Andorra 2021. Die Spiele der kleinen Staaten ist eine Multisportveranstaltung, die seit 1985 alle zwei Jahre in einem der neun europäischen (Andorra, San Marino, Monaco, Zypern, Malta, Liechtenstein, Luxembourg, Montenegro und Island) Kleinstaaten ausgetragen wird.

Um dereinst mit einem starken Team präsent zu sein startete das Nationalteam Liechtenstein mit 26 Athletinnen und Athleten an den 4th EKF Small States European Championships (Prat Gran Arena Andorra) vom 29. September bis 1. Oktober 2017. Ziel ist es, in den nächsten vier Jahren in Kata und Kumite ein erfolgsversprechendes Nationalkader aufzubauen.

Und die «Fremd-Gegangenen»? Sie konnten sich dem Charme von Katy Broder, EKF-Schiedsrichterin und Verantwortliche des Liechtensteiner WKF-Karate, nicht entziehen und leisteten mit ihrem «Gast-Auftritt» einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen dieser EKF-Europameisterschaften. Das Auftreten war im Übrigen von höchster EKF- und SKF-Seite genehmigt.

Somit bleibt zurück kein Scherbenhaufen, kein Trennungs-Schmerz. Vor, während und nach Andorra hängt der Karate-Himmel in Liechtenstein und der Schweiz voller Geigen. Alle freuen sich auf ein Wiedersehen. Fremd-Gehen erlaubt.

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