Ihr Flug dauert 11 Stunden 15 Minuten. Es erwartet uns eine ruhige Reise. Das Wetter in Tokyo ist bewölkt, bei einer Temperatur von 30.5 Grad Celsius. Mit dieser Ansage von Swiss Flugkapitän Gisler wurde der Olympia-Treff Tokyo 2020 in Nottwil eröffnet. Durch das Eröffnungsprogramm führte SRF-Sportmoderator Päddy Kälin. Als wichtigsten Reisebegleiter gab er dem Maître de Cabin, Swiss Olympic Präsident Jörg Stahl, das Mikrofon für einleitende Worte. Dieser wies darauf hin, dass das olympische Feuer sich zur Zeit im Hauptbahn Zürich befindet um dann von dort seine Reise nach Lausanne (Austragung der olympischen Jugendspiele 2020) anzutreten. Dieses Feuer, so Stahl, inspiriert uns alle auch für Tokyo 2020.
Ralph Stöckli, Chef de Mission Tokyo 2020: Olympische Spiele sind anders. Sie unterscheiden sich total von Welt- und Europameisterschaften. An einer Olympiade ist alles zentralisiert. Um sich auf diese Herausforderungen vorzubereiten diene der heutige Anlass. Ziel sei es, die verbleibenden neun Monate zu nutzen, optimale Rahmenbedingungen zu sichern. Alle sollen sich an der Olympiade wohl fühlen um ihre beste Leistung abrufen zu können. Dazu gehöre auch der Hinflug mit der Swiss, die, so Bernhard Christen, Head of Marketing, alle Athletinnen und Athleten in der Business Class nach Tokyo fliege.
Nach diesen einleitenden Informationen kam es zum Höhepunkt der Veranstaltung. Patrick Rohr, ehemaliger SRF-Moderator, liess alle Beteiligten in die japanische Kultur mit einem Konnichi wa und einer Verbeugung eintauchen. Rohr sagte, bei ihm sei etwas passiert, seit er in Tokyo arbeite und lebe. Er komme jeweils anders in die Schweiz zurück. Er wolle heute seine Eindrücke der japanischen Gesellschaft mit allen Anwesenden teil.
Man solle sich auf die japanische Kultur einlassen, annehmen, ohne zu hinterfragen. Man sehe nur an Japan heran, aber nie hinein. Es sei ein Land mit einem Ausländeranteil von 1.7% Gastarbeitern und somit immer noch total in sich selbst gekehrt. Nur wenige Japaner sprächen Englisch.
Während 300 Jahren, so Rohr, schirmte sich Japan von der Aussenwelt total ab. Alle Versuche von Spaniern und Portugiesen einzudringen, zu missionieren, scheiterten, wurden blutig niedergeschlagen. Einzig eine kleine holländische Handelsniederlassung wurde geduldet.
Heute sei Japan ein bereisbares Land, aber immer noch auf sich ausgerichtet. Japaner, so Rohr, sind anders als wir. Seien wir offen und entwickeln ein Verständnis dafür. In Japan gibt es, trotz der vielen Menschen, keinen Dichte-Stress. Beim Zug stehen die Japaner diszipliniert in Reihen an. Niemand drängelnd nach vorne. Hat es keinen Platz mehr, wartet man auf den nächsten Zug. Nicht wie in Zürich oder Bern, wo das Gedränge manchmal zu einen Nahkampf um die Plätze führe.
Japan ist ein sicheres Land. Es wird nicht gestohlen. So sehe man in vielen Restaurants Handys, Schlüssel und Portemonnays auf dem Tisch liegen, während die Besitzer zur Toilette gehen. Niemanden käme es in den Sinn hier etwas zu entwenden.
Die japanische Gesellschaft unterliegt einem strikten Regelsystem. Man fragt nicht, man macht. Natürlich so Rohr, habe diese grosse Harmonie, nicht zu streiten, Dinge in Frage zu stellen, auch Nachteile. Vor allem im wirtschaftlichen Bereich im Wettbewerb mit anderen Nationen.
In Tokyo, so Rohr, haben die meisten Angestellten eine Stundenwoche von 70-80 Stunden Arbeit. Einige haben zwei Jobs. Viele übernachten im Büro da der Arbeitsweg nach Hause zu lange ist. Das Büro verlasse man erst, wenn es der Chef verlasse. Hierarchien sind in Japan ganz wichtig. Sie werden nicht hinterfragt. Ventil in Japan sei die Trinkgesellschaft in den sogenannten Nomikai. Wichtig seien auch die Karaokes.
Vielleicht heisst in Japan NEIN. Es gäbe viele Umschreibungen dafür, man müsse die Luft lesen. So dass man auch nicht jemanden zu Hause einfach besuchen könne. Vor jedem Haus ziehe man die Schuhe aus. Dies sei auch in den Dojos üblich wo strenge Regeln gelten. Bei seinem ersten Besuch in einem Aikido Dojo galt es 50 Minuten im Lotussitz die Wand anzuschauen. Eine nächste Übung war die Blätter im Garten aufzulesen. Immer wieder von Neuem anfangen wenn der Wind diese wieder weg wehte. Immer wieder, weil Nichts ein Ende hat. Nicht fragen, es ist einfach so wie es ist. Diese Einstellung haben die Japaner auch zu den Taifuns und den immer wieder kehrenden Erdbeben. Irgendwann komme der grosse Knall in Tokyo. Die Japaner werden ihn stoisch erdulden. Nicht hinterfragen. Es ist einfach so. – 80% der Japaner sind Shintoisten, 80% Buddhisten. Gäbe 160 Prozent. Nicht hinterfragen, einfach stehen lassen. Buddhisten hoffen nach dem Tod ins Nirwana zu kommen, dort bleiben zu können, nicht dauernd wiederkehren zu müssen.
Geächtet seien in Japans Tattoos. So sollten alle Teilnehmenden an den Olympischen Spiele diese abdecken. Wichtig immer eine Visitenkarte dabei zu haben. Diese gibt man immer mit beiden Händen und so dass der Gegenüber sie lesen kann. Sie entscheidet dann auch über den Grad der gegenseitigen Verbeugung.
Rauchen ist in Japan in den Restaurants erlaubt. Hier müsse ja niemand hingehen. Verboten sei es in der Öffentlichkeit, da müssten alle hingehen. Allerdings plane die Regierung auch ein Rauchverbot in der Gastronomie. Gegen den Rauch-, aber auch Fischgeruch in den Kleidern sei ein Spray hilfreich.
In Nottwil trafen sich gegen 200 Olympiakandidaten von Donnerstag bis Freitag im Hinblick auf die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio. Die anwesenden Athletinnen, Athleten und Betreuer erhielten dabei wichtige Informationen im Hinblick auf den Grossanlass, und auch der Erfahrungsaustausch unter den Spitzenathleten kam nicht zu kurz.
VBS-Chefin und Sportministerin Viola Amherd (Foto) ermutigte die Athletinnen und Athleten in ihrer Ansprache, den Weg nach Tokio gegen alle Widerstände zu gehen und wünschte Ihnen im Hinblick auf die Olympiasaison viel Erfolg.
Einen weiteren Höhepunkt am Olympia-Treff stellte der Auftritt von Marianne Fankhauser-Gossweiler dar. Die Schaffhauserin hatte 1964, als die Olympischen Spiele zum ersten Mal in Tokio stattfanden, mit der Reit-Dressurequipe die Silbermedaille gewonnen. In Nottwil erzählte Marianne Fankhauser anschaulich, wie sie die Spiele 1964 erlebt hatte und auch wie abenteuerlich und beschwerlich die Reise nach Japan damals gewesen war. Marianne Fankhauser-Gossweiler war 1964 übrigens die einzige Frau in der 66-köpfigen Schweizer Delegation. Zum Vergleich: 2020 dürfte das Swiss Olympic Team mit ca. 110 Athletinnen und Athleten nach Tokio reisen, rund die Hälfte davon werden Frauen sein, eine davon kann Elena Quirici sein.
Den Weg zum Erfolg setzte Rasmus Ankersen am Freitagmorgen ins Zentrum seines Beitrags. Der Däne, ehemaliger Fussballprofi, früherer Trainer und aktuelles Vorstandsmitglied des dänischen Tabellenführers FC Midtjylland, gibt seine Erfahrung aus dem Spitzensport seit einiger Zeit als gefragter Motivationsredner weltweit weiter. «Bleibt hungrig, auch im Erfolg und sucht stets neue Herausforderungen», rief der charismatische Skandinavier den Schweizer Top-Athletinnen und Top-Athleten zu und riet ihnen, auch ausserhalb ihrer Sportart nach Inspiration zu suchen.
Diesem Weckruf folgten für die Teilnehmenden bis zum Abschluss des Olympia-Treffs am Freitagmittag diverse Inputs in Kleingruppen durch das Führungsteam (Ralph Stöckli, Roger Schnegg, Melanie Bernhard) von Swiss Olympic. Themen, die dabei angesprochen wurden, waren unter anderen die Verhältnisse und die Unterbringung vor Ort, die medizinischen Herausforderungen angesichts der zu erwartenden hohen Temperaturen und die Medienarbeit rund um die Olympischen Spiele.