Autor: Roland Zolliker. Auf Beschluss des Exekutivkomitees der WKF können einzelne «neutrale» Athletinnen und Athleten ab sofort wieder in der WKF starten. Dies aufgrund der einstimmigen Empfehlung der eigens für dieses Thema eingesetzten Kommission, unter der Leitung von Gunnar Nordahl, mit Vertretern der Kontinentalverbände. Voraussetzung ist, dass die Karatekas die vom IOC geforderte Neutralität erfüllen.

Vor jedem WKF-Turnier müssen der russische und weissrussische Verband eine vom Präsidenten unterzeichnete Erklärung einreichen, in welcher bestätigt wird, dass sowohl Athletinnen und Athleten, wie auch Betreuende, Schiedsrichter, keine aktuellen Mitglieder der Streitkräfte sind oder aktiv am bewaffneten Konflikt teilnehmen. Sie haben sich an das Neutralitätsgebot zu halten und jegliche Aktivität oder Kommunikation in Zusammenhang mit ihrer Nationalflagge, Hymne, Emblemen oder anderen Symbolen von Russland und Weissrussland zu unterlassen, vor, während und nach dem Turnier.

Zudem darf der Karategi nicht den Namen, das Logo, die Nationalflagge oder das Wappen des nationalen Verbandes tragen. Anstelle dessen kann das Logo der WFK verwendet werden. Das gleiche gilt für Sporttaschen und andere Ausrüstungsgegenstände. Zudem müssen die Designs für die Trainingsanzüge von der WKF vorab genehmigt werden. Trainingsanzüge ohne jegliche Markierungen dürfen verwendet werden. Auf den erlaubten Werbeflächen auf dem Karategi, Taschen und anderen Ausrüstungsgegenständen dürfen auch keine Kennzeichnungen von russischen oder weissrussischen Firmen/Sponsoren angebracht werden.

Im Laufe der Zusammenarbeit mit dem IOC und den Vereinigten Nationen (Logo) zeigte sich, dass Einschränkungen nicht allein auf der Grundlage der Handlungen einer Regierung festgelegt werden können. Der einzelne Karateka könne nicht als Einzelner für die Handlungen seines Staates verantwortlich gemacht, nur weil er dessen Bürger ist. Das völkerrechtlich geschützte Recht auf Teilhabe am kulturellen Leben umfasse auch das Recht auf sportliche Betätigung. Auch Grundprinzip 4 der Olympischen Charta bekräftigt, dass „die Ausübung von Sport ein Menschenrecht ist“ und legt fest, dass „jeder Einzelne die Möglichkeit haben muss, Sport ohne jegliche Diskriminierung auszuüben“. Grundprinzip 6 wiederholt das Diskriminierungsverbot. Das anhaltende pauschale Verbot russischer und weißrussischer Sportler aufgrund ihrer Nationalität verstosse gegen die Grundsätze der Universalität und Nichtdiskriminierung, zwei der grundlegendsten Grundsätze der Menschenrechte.

Ein solches pauschales Verbot untergrabe den Frieden eher, als dass es ihn fördere. Die Ausübung des Sports sei ein Instrument zur Konfliktprävention und zur Förderung langfristiger Friedens- und Entwicklungsziele, wie die Vereinten Nationen anerkannt habe.

Es müssen nach Wegen gesucht werden, die es allen Sportlern, die keine Menschenrechtsverletzungen begangen haben, unabhängig von ihrer Nationalität, ermöglichen, Sport zu treiben. Dies bedeute, die weitere Erosion unserer gemeinsamen Werte zu verhindern und Frieden und Verständnis zu fördern.

Klar festzuhalten, dass sowohl das IOC als auch die UNO die einschränken Massnahmen als legitim anerkennen.

Die Verlegung oder Absage geplanter Veranstaltungen in der Russischen Föderation und Weißrussland; die Empfehlung, bei internationalen Sportveranstaltungen keine russischen oder weißrussischen Nationalflaggen zu zeigen und die russischen oder weißrussischen Hymnen nicht zu spielen, als Sanktionen, die als legitim angesehen werden können, da sie sich direkt gegen diese Staaten oder deren offizielle Vertretungen richten. Auch die aktive Unterstützung ukrainischer Athleten ist eine vom Sonderberichterstatter begrüßte Maßnahme, da positive Maßnahmen im Völkerrecht zulässig sind, um eine materielle Gleichstellung sicherzustellen. Nach wie vor ausgeschlossen sind Teams aus Russland und Weissrussland.

Die Sorge, dass WKF-Turniere zu Plattformen für Kriegspropaganda werden, ist berechtigt. Internationale Menschenrechtsstandards bieten konkrete und klare Leitlinien:

Sportler, die Kriegspropaganda betreiben, können ausgeschlossen werden. Dies wäre in einigen Fällen eine legitime Einschränkung kultureller Rechte. Jegliche Befürwortung von nationalem, rassischem oder religiösem Hass, die eine Aufstachelung zu Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt darstellt, ist verboten.

Die Sonderberichterstatterin der Vereinigten Nationen zu kulturellen Rechten, Alexandra Xanthaki, hielt auch fest: Ich habe mich wiederholt öffentlich zur Illegalität des Krieges in der Ukraine und zum Leid und zu den Menschenrechtsverletzungen geäußert, die dieser Krieg mit sich bringt. Ich habe mehrere öffentliche Erklärungen abgegeben und beteilige mich weiterhin sehr aktiv an der Kommentierung der Auswirkungen dieses illegalen Krieges sowohl auf das kulturelle Erbe in der Ukraine als auch auf die kulturellen Identitäten in der Ukraine. Ich verstehe auch die emotionale Belastung, die durch die Aggression gegen die Ukraine verursacht wurde, sowie durch die Vorstellung, dass sie gegen russische und weißrussische Athleten antreten könnten, wenn diese teilnehmen dürften. Doch ein pauschales Verbot ist unverhältnismässig.

Roland Zolliker, Ehrenpräsident
Zentralpräsident 1988-2022

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